Anwältin für Erbrecht: Expertise im Erbrecht für Deutschland und Österreich

Testament und Erbvertrag

Das Erbrecht ist ein Rechtsgebiet, das sich mit der Verteilung von Vermögen und Eigentum nach dem Tod einer Person befasst. Kompliziert wird es besonders dann, wenn der Verstorbene in Deutschland gewohnt hat, die Erben aber in Österreich leben oder umgekehrt. Oftmals befindet sich auch Vermögen in Ausland und muss nun als Erbe geregelt werden. In diesem Beitrag werfe ich einen Blick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Erbrecht zwischen Deutschland und Österreich.

Sowohl Deutschland als auch Österreich haben ähnliche Grundsätze im Erbrecht. Zum einen gibt es die Möglichkeit, ein Testament zu erstellen, um den letzten Willen festzuhalten. Dieses Testament kann entweder eigenhändig oder notariell verfasst werden. Beide Länder erkennen auch gesetzliche Erbfolge an, die in Kraft tritt, wenn keine wirksame letztwillige Verfügung vorliegt.

Gilt für mich das Erbrecht von Deutschland oder Österreich?

Grundsätzlich kommt es für die Frage, ob das Erbrecht von Deutschland oder Österreich anwendbar ist, auf den letzten Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen an. Der Erblasser kann eine Rechtswahl aber auch bereits zu Lebzeiten treffen. Er kann sich alternativ für das Recht seiner Staatsangehörigkeit entscheiden. Näheres regelt die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO).

Vorsicht: Allein die Rechtswahl ändert noch nicht die Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts!

Verwandten- und Ehegattenerbrecht

Die erbrechtlichen Ansprüche von Verwandten und Ehegatten unterscheiden sich zwischen den beiden Ländern. Nachfolgend soll nur ein grober Überblick über die wichtigsten Verwandtschaftsverhältnisse gegeben werden:

  • Erbrecht Österreich: In Österreich erben die Abkömmlinge (Kinder) zu gleichen Teilen. Der Ehegatte erbt 1/3 vom Nachlass, sofern Kinder bzw. Abkömmlinge des Verstorbenen (Kinder, Enkel oder Urenkel) vorhanden sind, oder aber 2/3 bis den gesamten Nachlass, sofern keine Kinder vorhanden, aber Eltern(teile) des Verstorbenen noch am Leben sind.
    Praxisbeispiel Ehegatte + zwei Kinder: Ehegatte 1/3 sowie Kinder je 1/3.
  • Erbrecht Deutschland: Zuerst wird die Höhe des Erbanspruchs des Ehegatten bestimmt. Dieser kann variieren und richtet sich nach dem Güterstand des Paares. Der Ehegatte erbt grundsätzlich 1/4 zuzüglich eines weiteren 1/4 beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sowie bei vereinbarter Gütergemeinschaft. Lediglich bei der ausdrücklich vereinbarten Gütertrennung bleibt es bei dem Erbanteil von 1/4. Die Abkömmlinge des Verstorbenen haben neben dem Ehepartner einen gesetzlichen Erbanspruch zu gleichen Teilen vom übrig gebliebenen Anteil. Der Ehegatte erbt nie mehr als 1/2. Sind keine Kindes vorhanden, erben anders als in Österreich stattdessen Geschwister und Eltern des Verstorbenen.
    Praxisbeispiel Ehegatte + zwei Kinder: Ehegatte 1/2 sowie Kinder je 1/4.

Tendenziell lässt sich sohin zusammenfassen, dass der Erbteil des Ehegatten in Österreich kleiner ist als in Deutschland.

Unterschiede im Pflichtteilsrecht

Beide Länder kennen das Pflichtteilsrecht. Es erben also Kinder und Ehepartner auch dann, wenn sie durch Testament oder Erbvertrag vom Erbe ausgeschossen wurden. Im Einzelnen gilt:​

  • Pflichtteilsberechtigte in Deutschland: Alle direkten Abkömmlinge haben Anspruch auf den Pflichtteil. Dies gilt für Kinder, Enkel und Urenkel sowie auch für Adoptivkinder. Ebenso ist der Ehegatte pflichtteilsberechtigt und kann dessen Anspruch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Hingegen haben die Eltern des Verstorbenen einen Pflichtteilsanspruch nur dann, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind. Der Pflichtteil beträgt 1/2 des gesetzlichen Erbrechts.
  • Pflichtteilsberechtigte in Österreich: In Österreich sind ebenso die Nachkommen des Verstorbenen sowie der hinterbliebene Ehegatte pflichtteilsberechtigt, im Gegensatz zu Deutschland aber nicht die Eltern des Verstorbenen.

Gültigkeit von Testamenten

Will man schon zu Lebzeiten seine Erbfolge und den Übergang seines Vermögens regeln, so kann der sogenannte Letzte Wille im Testament oder im Erbvertrag festgehalten werden.

  • Form des Testaments in Österreich: Das Testament kann eigenhändig errichtet werden. Dafür muss der gesamte Text des Testamentes eigenhändig geschrieben und am Ende mit dem Namen unterschrieben werden. Soll der Text mittels PC oder durch eine andere Person geschrieben werden, bedarf es hierzu der gleichzeitigen Gegenwart und Unterschrift von drei Zeugen. Ebenso kann ein Testament vor einem Notar oder dem Gericht errichtet werden. Ein zentrales Testamentsregister (ZTR) wird von der österreichischen Notariatskammer geführt.
  • Form des Testaments in Deutschland: In Deutschland gelten strengere Formvorschriften für die eigene Erstellung eines Testaments. Eigenhändige Testamente müssen handschriftlich verfasst, datiert und unterschrieben sein. Das nicht handschriftlich geschriebene Testament mit drei Zeugen kennt das deutsche Recht hingegen nicht.

Wesentliche Verfahrensunterschiede

Entscheidend für die Hinterbliebenen ist oftmals die Frage: Wie erhalte ich eigentlich das Erbe? Hier verbirgt sich einer der wesentlichsten Unterschiede, denn das in Österreich gängige Einantwortungsverfahren gibt es in Deutschland nicht.

  • Verlassenschaftsverfahren Österreich: Das österreichische Verfahrensrecht sieht zwingend ein sogenanntes Einantwortungsverfahren vor. Dabei erfasst der Notar das hinterlassene Vermögen und wird am Ende des Verfahrens der Erbe erst durch den sogenannten Einantwortungsbeschluss Eigentümer.
  • Verlassenschaftsverfahren Deutschland: Nach deutschem Recht geht das Eigentum zum Zeitpunkt des Todes kraft Gesetzes auf den Erben über. Eines gesonderten Verfahrens bedarf es hierzu nicht zwingend. Wohl aber können Erbschaftsstreitigkeiten über das Nachlassgericht geregelt werden.

​​Auch für die Zuständigkeit im Verlassenschaftsverfahren ist der letzte Wohnsitz des Verstorbenen entscheidend.

Fazit

Obwohl Deutschland und Österreich viele Gemeinsamkeiten im Erbrecht haben, bestehen dennoch einige bedeutende Unterschiede. Diese betreffen unter anderem das Pflichtteilsrecht, die Formvorschriften für Testamente, das Ehegattenerbrecht und die erbschaftsteuerlichen Regelungen. Ebenso gilt es, teils unterschiedliche Fristen zu beachten. Wenn es um die Planung des eigenen Nachlasses geht oder um die Auseinandersetzung mit einer Erbschaft, ist es ratsam, sich mit den spezifischen rechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes vertraut zu machen oder rechtlichen Rat einzuholen.

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